“Wishing you a very happy holiday and a great New Year 2019. Cheers Bernie.” Dass dies die Worte sein würden, mit denen sich Bernard Marks von uns verabschiedet, ahnten wir nur wenige Tage vor seinem Tod am 28.12.2018 noch nicht. Gemeinsam mit ihm hatten wir gerade Pläne für seinen nächsten Besuch im Max Mannheimer Studienzentrum geschmiedet, umso mehr hat uns die Nachricht von seinem plötzlichen Ableben getroffen.

Bernard Marks in Häftlingskleidung mit seinem Vater Josef Makowski wenige Zeit nach der Befreiung aus der KZ-Haft

Bernard Marks war seit 10 Jahren regelmäßig Gast im Max Mannheimer Studienzentrum und hat als Zeitzeuge mit über 600 Jugendlichen Gespräche geführt und ihnen von seinem Verfolgungsschicksal in der NS-Zeit berichtet. 1932 als Ber Makowski in einer bürgerlichen Kaufmannsfamilie in Łódź geboren, musste er nach der Besetzung Polens durch die Deutschen gemeinsam mit seiner Familie ab 1940 im Ghetto Łódź (Litzmannstadt) leben. Seine vielen persönlichen Erinnerungen an diese Zeit spiegelten den harten Ghettoalltag aus der Sicht eines Kindes. Nach der Auflösung des Ghettos wurde die Familie 1944 nach Auschwitz deportiert, die Mutter Laja und der jüngere Bruder Abraham unmittelbar nach der Ankunft ermordet. „Mein Vater war mein Engel“, pflegte er zu sagen und bezog diese Aussage auf den Umstand, dass sein Vater Josef Makowski das Geburtsdatum seines Sohnes Ber um 5 Jahre vorverlegte und ihn damit vor dem unmittelbaren Tod rettete. Er galt als alt genug für den Arbeitseinsatz und wurde gemeinsam mit seinem Vater von Auschwitz nach Kaufering deportiert, wo er im Dachauer KZ-Außenlagerkomplex unter grausamsten Bedingungen für die deutsche Rüstungsindustrie arbeiten musste. Nach über 5 Jahren Kindheit in Gefangenschaft erlebte er – gerade 13 Jahre alt – die Befreiung durch amerikanische Truppen am 27. April 1945. Bis zu seiner Auswanderung im Jahr 1947 besuchte Bernard Marks, der in den USA seinen Namen geändert hatte, verschiedene Schulen in Landsberg, Feldafing und Freimann und hielt sich einige Zeit im von der UNRRA geführten DP-Kinderzentrum Prien am Chiemsee auf. In seinen Präsentationen, die er mit eindrücklichem Bild- und Videomaterial ergänzte, berichtete er nicht nur von historischen Ereignissen, sondern thematisierte auch den schwierigen Umgang mit der Vergangenheit, mahnte gegen das Vergessen und motivierte die junge Generation, sich gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit für ein friedliches und tolerantes Miteinander einzusetzen.

Bernard Marks vor seinem mit einer Lochkamera aufgenommenen Porträt im Max Mannheimer Haus 2015

In den USA studierte Bernard Marks Ingenieurswesen, arbeitete viele Jahre in der Raumfahrtentwicklung und machte sich dann selbständig im Bereich der nachhaltigen Energieentwicklung. Bis ins hohe Alter beriet er Unternehmen und Universitäten weltweit und bot seine Expertise an. Auch politisch war Bernard Marks bis zuletzt äußerst aktiv und nahm mutig öffentlich Stellung zu aktuellen gesellschaftspolitischen Entwicklungen in seiner heutigen Heimat Kalifornien. Sein besonderes Augenmerk galt den Anliegen von Minderheiten, für die er sich vor dem Hintergrund seiner persönlichen Verfolgungserfahrung besonders engagierte. Mit seinem Statement „History is not on your side!“ gegenüber Vertretern der US-Grenzschutzbehörden erlangte er im Internet einige Berühmtheit. Sein Beitrag wurde in den Sozialen Medien unzählige Male geteilt und durch die internationale Presse weit verbreitet.

 

 

Teamexkursion nach Kaufering mit Bernard Marks

Bernard Marks war ein geselliger und großherziger Mensch, der offen auf andere Menschen zuging und mit nahezu allen eine Ebene des Austauschs fand. Seiner Familie war er stets eng verbunden und pflegte viele Freundschaften weltweit. In Sacramento war er jahrzehntelang ein hochgeschätztes Mitglied in der Jüdischen Gemeinde B’nai Israel, partizipierte rege am Gemeindeleben und sang bis zuletzt im Gemeindechor.

Überdies hat Bernard Marks im Jahr 2008 in Erinnerung an seine verstorbene Ehefrau das „Eleonor J. Marks Holocaust Project“ initiiert, ein Aufsatzwettbewerb, bei dem Jugendliche aus verschiedenen Ländern dazu aufgefordert sind, Essay-Beiträge einzureichen, die sich mit Themen der nationalsozialistischen Judenverfolgung auseinandersetzen. Er koordinierte den Wettbewerb persönlich und setzte sich mit viel Engagement und eigenen finanziellen Mitteln für das Gelingen des Projekts ein.

Bernie Marks mit Nina Ritz 2016

Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Max Mannheimer Studienzentrums war „Bernie“ nicht nur ein wertvoller Unterstützer unserer Arbeit, sondern auch ein guter Freund. Während seiner Besuche in Dachau haben wir auch viel Freizeit mit ihm verbracht. Aufgeschlossen und unternehmungslustig war er zu allem bereit: Abendessen, bei denen der Schabbat gefeiert wurde, Ausflüge ins Grüne mit Kaffee und Apfelstrudel, Besuche in Museen und Freizeitparks. Vielseitig interessiert, voller Energie, eigenwillig und mit einer guten Portion Humor ausgestattet, war Bernard Marks ein wunderbarer Gefährte, der eine schmerzliche Lücke hinterläßt.