Gestern haben wir erfahren, dass Karl Rom am 28. Februar im Alter von 97 Jahren verstorben ist.
Als Überlebender mehrerer Konzentrationslager, zu denen auch der Dachauer Außenlagerkomplex Kaufering zählte, berichtete er bis 2015 bei uns im Max Mannheimer Studienzentrum seine Geschichte vor Schulklassen. Darüber hinaus nahm als Ehrengast an der Internationalen Jugendbegegnung im Max Mannheimer Haus teil. Er wird uns in sehr guter Erinnerung bleiben und unser Mitgefühl gilt seiner Familie.

Karl Rom wurde am 25. Februar 1926 in Kaunas/Litauen als drittes Kind einer nicht-orthodoxen jüdischen Familie geboren. Seine älteren Schwestern hießen Esther Deborah und Sarah. Die Eltern, Mones und Chassia, betrieben in Kaunas ein Restaurant.

Im Sommer 1941 besetzten die deutschen Truppen Kaunas. Der 15-Jährige und seine Familie wurden jäh aus dem Alltag gerissen.
Am 15. August 1941 musste die Familie Rom in das von den deutschen Besatzern errichtete Ghetto Kaunas ziehen. Die Familie Rom litt unter den katastrophalen Lebensbedingungen im Ghetto: kaum Essen, beengte Verhältnisse ohne Privatsphäre, Zwangsarbeit und die ständige Todesangst.

Im Herbst 1943, als das Ghetto in ein KZ umgewandelt wurde, kam Karl Rom mit seinen Eltern und seiner Schwester Sarah in das sogenannte Schanzenlager, wo sie für das „Heeresbekleidungsamt“ die Kleider der Ermordeten sortieren mussten. Seine Schwester Esther Deborah blieb im Ghetto bei Verwandten, Karl gelang es, sie noch einige Male dort zu besuchen – danach hat die Familie nichts mehr von ihr gehört.

Im Sommer 1944 wurde das KZ in Kaunas geräumt, die Familie Rom wurde nach Stutthof deportiert und dort getrennt: Die Mutter und die Schwester Sarah mussten in Stutthof und dessen Außenlagern bleiben. Karl Rom und sein Vater wurden nach Kaufering I, einem Dachauer Außenlager, gebracht. Dort erlebten sie mörderische Lebens- und Arbeitsbedingungen. Kurz vor Kriegsende kamen Karl Rom und sein Vater in das Lager Kaufering XI, von wo aus sie Ende April auf einen Todesmarsch Richtung Allach geschickt wurden. In Allach wurden sie am 30. April 1945 von amerikanischen Truppen befreit.

Sofort nach der Befreiung suchte Karl Rom in München nach Mutter und Schwestern. Die Mutter und seine Schwester Sarah waren, wie er herausfand, im Januar 1945 von sowjetischen Truppen befreit worden. Kurz darauf wurden sie von sowjetischen Behörden zur Zwangsarbeit in Polen eingeteilt, bis sie nach Litauen repatriiert wurden.

Karl Rom arbeitete in der frühen Nachkriegszeit für die Bricha, eine jüdische Fluchthilfeorganisation, die jüdische Überlebende, die nach Israel auswandern wollten, aus der sowjetischen Zone in die westlichen Zonen brachte. In München lernte er seine spätere Frau Flora kennen und machte einen Abschluss als Hochfrequenztechniker. 1949 wanderten Karl und Flora Rom sowie Karls Vater nach Israel aus, auch in der Hoffnung von Israel aus bei den sowjetischen Behörden die Ausreise der Mutter aus Litauen erreichen zu können. Karl Roms Schwester Sarah war im Alter von 28 an den Spätfolgen der Misshandlungen in den Lagern gestorben. 1955, einen Monat, bevor es der Mutter von Karl Rom schließlich gelang, nach Israel zu kommen, starb sein Vater. 1956 kehrten Karl und Flora Rom mit ihrer 1950 geborenen Tochter nach Deutschland zurück und zogen schließlich nach München.